Kitabau trotz knapper Kassen | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Donnersberger Rundschau vom 07.10.2023

Kitabau trotz knapper Kassen

von Torben Müller



Personalisierte Werbung auf den Vorschulheften? Nein, so darf man sich ein Investorenmodell beim Kita-Neubau sicherlich nicht vorstellen. Und dennoch: Herrschen Geld- und Zeitnot, braucht’s Ideen. Die Bischheimer wollen entweder Vorreiter sein für andere Gemeinden – oder sie wollen eine Lösung, die ohnehin viele andere betrifft.

Bischheim

Die Bischheimer Kita droht aus allen Nähten zu platzen, und das nicht erst seit gestern. Vor 19 Jahren hat die Planung begonnen für einen Neubau. „Unter meinem Vor-Vorgänger“, wie Ortsbürgermeister Michael Brack zu berichten weiß. Immer wieder sei das Vorhaben aufgeschoben worden – zumeist weil Fördergelder in Aussicht gestanden hätten, die sich jedoch oft als reine Lippenbekenntnisse herausgestellt hätten. 
Jetzt aber sollen, nein, müssen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Mit 80 Kindern – aus Bischheim, Gauersheim und Rittersheim – ist Vollauslastung erreicht. Und das, obwohl die Kita erst kurz vor der Pandemie um eine vierte Gruppe erweitert worden war, bei damals 54 Kindern, wie Brack berichtet. Mittlerweile sei ein Bedarf von 123 Plätzen ermittelt. Klar, in allen drei Orten seien Baugebiete entstanden, auch einige wenige Kinder von Geflüchteten seien dabei, vor allem aber durch den neu geregelten Rechtsanspruch auf Kita-Plätze und Betreuung sei der große Sprung beim Bedarf zu erklären. „Im Endeffekt müssen wir das Projekt jetzt stemmen“, sagt der Ortschef. Nicht zuletzt auch wegen der Mängel am bisherigen Gebäude: Drei von fünf Fenstern – „große, alte Schulfenster“ – seien marode, ließen sich nicht öffnen. „Wir mussten die Kita auch schon mal geschlossen lassen wegen der Hitze.“

Konventioneller Weg scheidet aus 


Stellt sich die Frage nach dem Wie: Da würden die Verantwortlichen in Bischheim gerne einen anderen Weg beschreiten als den konventionellen. Denn „für eine Gemeinde, die immer konservativ gewirtschaftet hat, wären drei, vier Millionen Euro auf einen Schlag sehr viel Geld“, schätzt Beigeordneter Jörg Füge. Mal ganz abgesehen davon, dass größere Investitionen für die meisten Gemeinden ohnehin nicht so mir nichts, dir nichts genehmigt werden dürften in Zeiten der strikten Forderung nach ausgeglichenen Haushalten.
Zwar würde Bischheim an diesem Punkt gerne eine Gegenfinanzierung in die Waagschale werden – die geplante Photovoltaikanlage soll mindestens 100.000 Euro pro Jahr bringen –, fast noch mehr als der finanzielle aber schreckt der Zeitaufwand. „Sechs bis acht Jahre würde es dauern, bis die Kita steht“, sagt Füge. Das sei nicht vertretbar, zudem müsste eine Menge Geld ins bestehende Kitagebäude gesteckt werden, um es noch für einen solch langen Zeitraum nutzen zu können. Jedes einzelne Gewerk müsste dann im Ortsgemeinderat vergeben werden, erinnert Brack. Das ist der Regelfall bei kommunalen Bauten, die Bischheimer sehen sich dafür aber zu sehr unter Zeitdruck.
Und so hat man einige mögliche Sonderwege ausgemacht. Den einen oder anderen „gibt’s häufig, nur bei uns ist er nicht so typisch“, sagt Jörg Füge. Wie’s weitergeht? Die Verantwortlichen wollen ergebnisoffen in den Entscheidungsprozess gehen, hoffen, „perspektivisch einen Impulsanstoß“ auch für andere geben zu können.


Weg 1: Investor 


Der bevorzugte Weg wäre einer, bei dem das gesamte neue Kita-Gebäude aus einer Hand entsteht, also beispielsweise ein Investorenmodell. Demnach gelte es, jemanden zu finden, „der alles für uns übernimmt“. Und der die Kita dann gegen eine Nutzungsgebühr einziehen lässt. Möglich ist da auch ein Mietkauf, bei dem das Gebäude nach einer festgelegten Vertragslaufzeit an die Kommune übertragen wird. Die derzeit schwierigen Rahmenbedingungen am Baumarkt haben laut Füge Vor- wie Nachteile: Die teuren Baupreise könnten potenzielle Investoren abschrecken, dafür seien womöglich derzeit auch „mehr Investoren frei als sonst“. Auch könne beispielsweise eine Stiftung als Investor in Frage kommen, sagt Ortsbürgermeister Brack. Mit einem solchen Investor sei es realistisch, dass die neue Kita 2026 ihre Tore öffnen könne, ist Brack optimistisch.


Weg 2: Generalunternehmer 


Als Möglichkeit zwei sehen Brack und Füge die offizielle Vergabe sämtlicher Arbeiten an einen einzigen Generalunternehmer. Der könnte dann recht schnell und unbürokratisch die einzelnen Gewerke vergeben. Das spare zwar wohl kein Geld – Brack: „Die Ortsgemeinde müsste das über Kredite finanzieren“ –, aber Zeit. Auf diesen Weg jedoch stellen die obersten Rechnungsprüfer eine hohe Hürde: Für ein solches Vorgehen, so heißt es in einer Veröffentlichung des Landesrechnungshofs, bedürfe es sogenannter Ausnahmetatbestände. Beim Bau einer Kita kommen laut Rechnungshof lediglich solche wirtschaftlicher Natur in Frage, und da bedürfe es eines sehr detaillierten Nachweises. Etwaige Zuwendungen könnten nach einer „unzulässigen Generalunternehmer-Vergabe“ zurückgefordert werden – alleine 150.000 Euro Förderung sind laut Brack schonmal für die Aufstockung um eine fünfte Kita-Gruppe zu erwarten. Im Neubau soll nicht nur für diese Platz sein, ein zusätzlicher Raum in dem L-förmig geplanten, eingeschossigen Gebäude könnte sogar mal eine sechste Gruppe beherbergen.


Weg 3: Verantwortung übertragen

Und wenn das alles nicht hinhaut? Dann wäre der Zeitpunkt, um intensiv darüber zu sprechen, ob denn nicht die Verbandsgemeinde Kibo sich zukünftig um die Kitas kümmern wolle. Tatsächlich habe es schon erste Gespräche mit der VG gegeben, berichtet Brack. Auch einige andere Ortsgemeinden würden diesen Lösungsweg gerne mitbeschreiten, sagt er. Denn dieser biete gerade beim Personal erhöhte Flexibilität und damit neue Chancen.

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